Vom Denken zum Glauben
Dir, und Prof. a. D. Dr. Werner Gitt
Jedem, der über das Leben auf dieser Welt nachdenkt, stellt sich irgendwann die Frage nach dem Woher? Zwei mögliche Antworten stehen zur Debatte: Haben sich das riesige Universum und die komplexen und vielfältigen Lebewesen auf dieser Erde allein in der Materie im Rahmen eines Prozesses, der strategielos, intelligenzlos und ohne jegliche Zielvorgabe abläuft, in Jahrmillionen entwickelt, oder gibt es einen planenden intelligenten Urheber? Ließe sich die Frage bezüglich der ersten Alternative entscheiden, wäre die zweite hinfällig. Die umgekehrte Logik gilt natürlich auch. An kaum einer anderen Frage erhitzen sich die Gemüter so emotional und scheiden sich letztlich die Geister.
Wenn es denn einen Gott gibt, dann stellt sich die Problematik der Beweisbarkeit seiner Existenz. Schon seit der Antike hat man versucht, Gott „zu beweisen“. Hier seien nur drei der historischen Versuche aufgeführt.
1. Der kosmologische Gottesbeweis fragt nach den Anfängen des Weltalls und allen Lebens. Wir wissen aus der Beobachtung, dass alles, was einen Anfang hat, auch eine Ursache hat (Ursache-Wirkung-Beziehung). Verfolgt man gedanklich die Kausalitätskette jeglicher Schöpfung immer weiter in die Vergangenheit zurück, so gelangt man zu einer allerersten Ursache, den Urgrund allen Seins. Diese allererste Ursache, so folgert man, ist Gott. Da er keinen Anfang hatte, benötigt er auch keine Ursache.
2. Der ontologische Gottesbeweis (griech. to ōn = das Sein) wendet sich ausdrücklich an Gläubige, die die Inhalte ihres Glaubens besser verstehen wollen. Die bekannteste Formulierung stammt von dem britischen Kirchenvater und Philosophen Anselm von Canterbury (1033-1109). Gott nimmt hier die Rolle eines „Wesens ein, das als kein Größeres oder Vollkommeneres gedacht werden kann.“
3. Der teleologische Gottesbeweis schlussfolgert von der Ordnung und Zweckmäßigkeit in der belebten, aber auch in der unbelebten Natur auf die Existenz einer dahinterstehenden Intelligenz. In moderner Formulierung sprechen wir von „Intelligent Design“. Thomas von Aquin (1225-1274) argumentierte, dass an oberster Stelle ein Wesen stehen müsse, das in der Lage sei, ein Ziel (griech. telos = Ziel) vorzugeben.
Diese drei hier nur kurz skizzierten traditionellen Gottesbeweise beruhen auf plausiblen Überlegungen, und darum können wir sie als philosophische Beweise bezeichnen. Im Unterschied dazu nennen wir Beweise, die von Naturgesetzen ausgehen, naturgesetzliche Gottesbeweise.
Das kurze Stichwort Gottesbeweis kann in dem Sinne missverstanden werden, als sei es möglich, Gott in seiner ganzen Wesensart beweisbar zu machen. Dies ist schon deshalb nicht möglich, weil Gott von sich offenbart hat:
„Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht meine Wege, spricht der Herr, sondern so viel der Himmel höher ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken“ (Jesaja 55,8-9).
Mit Hilfe der Naturgesetze können wir einige wenige Merkmale Gottes[1] beweisen, wie z. B.
seine Existenz
seine Allwissenheit
sein ewiges Wesen
seine Allmacht.
So ist es bei jeder Beweisform unbedingt notwendig, ergänzend zu sagen, auf welche Eigenschaft Gottes Bezug genommen wurde.
Es gibt Wesenseigenschaften Gottes (z.B. Barmherzigkeit, Güte, Heiligkeit), die nur in der Bibel offenbart sind, und die der naturgesetzlichen Beweisform nicht zugänglich sind. Erstaunlich ist, dass die Liebe Gottes auch nach naturgesetzlichen Kriterien beweisbar[2] ist. Die Bibel selbst liefert uns in diesem Falle sowohl die Formulierung des Gesetzes
„Gott ist die Liebe" (1. Johannes 4,16b)
„Die Liebe (Gottes) ist so stark wie der Tod" (Hohelied 8,6)
als auch den dreifachen Test am Kreuz, als Menschen den Gottessohn Jesus herausforderten, vom Kreuz herabzusteigen. Dies geschah durch
die Oberen des Volkes (Lukas 23,35),
die beiden mit Jesus gekreuzigten Verbrecher (Matthäus 27,44), von denen sich
späterhin einer zu Jesus hinwandte, und der Herr ihn in seiner grenzenlosen Liebe
für die Ewigkeit rettete (Lukas 23,39-42) und auch
das vorrübergehende Volk (Markus 15,29+32).
Kants Kritik der traditionellen Gottesbeweise
Wenn wir über Gottesbeweise nachdenken, kommen wir nicht umhin, den bekannten Philosophen Immanuel Kant (1724-1804) zu erwähnen. Er wird als der große Zerschmetterer aller Gottesbeweise angesehen. Neben Gotthold Ephraim Lessing (1729-1791) ist Kant zum Inbegriff der Aufklärung geworden, darum nennt man die beiden auch das „Zweigestirn der Aufklärung“. Kant meinte, dass unser Erkenntnisvermögen äußerst beschränkt sei. Dennoch wirft unser Gehirn dauernd Fragen auf, mit denen es – so Kant – überfordert ist: Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach dem Universum, nach der Unendlichkeit, nach der Seele, nach der Unsterblichkeit, nach Gott.
Die Bibel sagt hingegen, dass wir Gott sehr wohl erkennen können: „Seid stille und erkennet, dass ich Gott bin“ (Psalm 46,11) – „Denn was man von Gott erkennen kann, ist unter ihnen offenbar“ (Römer 1,19).
In seiner „Kritik der reinen Vernunft“ hat Kant dargelegt, dass der Mensch die Welt sowieso nicht erkennen kann, wie sie ist, sondern nur so, wie sie uns erscheint. „Beim Nachdenken über Gott und die Seele dreht das Denken leer. Wir können nicht wissen, ob es Gott gibt, ob er lieb ist oder streng, ob er Sünden bestraft oder nicht. Ebenso wenig können wir wissen, ob es eine Seele gibt und ob sie nach dem Tod weiterlebt.“
In seinen grundlegenden Aussagen positioniert sich Kant der Bibel entgegen.
Gottesbeweise in wissenschaftlicher Terminologie
Ob wir in wissenschaftlicher Terminologie von einem Gottesbeweis sprechen können oder nicht, hängt von der angewandten Beweisform ab.
In [1, S. 472-478] wird ausführlich gezeigt, dass nur in drei Bereichen von „harten“ Beweisen gesprochen werden kann, nämlich
in den Strukturwissenschaften Mathematik und Informatik
wenn von Naturgesetzen ausgegangen werden kann oder
wenn biblische Bezüge angewandt werden.
Harte Beweise (und auch harte Widerlegungen) sind neue Aussagen, die sich auf ein so festes Fundament gründen, dass sie nicht mehr widerlegbar sind.
Von weichen Beweisen (oder auch weichen Widerlegungen) sprechen wir in allen anderen Fällen, die nicht zu den drei obigen Bereichen gehören.
Ein weicher Beweis kann in den meisten Fällen zutreffend sein, aber er ist es nicht zwingend. So ordnen wir z. B. alle juristischen, historischen und philosophischen Beweise den weichen zu, die prinzipiell widerlegbar sind.
In [1, S. 266] wird gezeigt, wie durch Anwendung eines Naturgesetzes der Information[3] auf die in allen Lebewesen gefundene DNS-Information der Schluss gezogen wird: „Es muss einen intelligenten Sender geben, der diese Universelle Information geschaffen hat.“
Das ist ein Gottesbeweis in dem Sinne, dass ein Gott als intelligenter Sender existieren muss. Dieses auf Naturgesetzen basierende Ergebnis lässt sich in zwei Schlussfolgerungen (SF) zusammenfassen:
SF1: Der Atheismus ist widerlegt.
SF2: Die Existenz Gottes ist nachgewiesen.
Die aus NGI-4 abgeleitet Schlussfolgerung ist zunächst nur der Existenzbeweis eines Gottes. Diesen Gottesbeweis können wir somit als den Existenzbeweis Gottes durch ein Naturgesetz der Information bezeichnen. Dass es der Gott der Bibel ist, kann hieraus nicht gefolgert werden. Im weiteren Fortgang neuer Schlussfolgerungen kann auch gezeigt werden, dass dieser Gott allwissend und ewig sein muss.
Eine besondere Form eines Gottesbeweises wird in [1, S. 301-314] ausführlich vorgestellt. Es ist der Prophetisch-mathematische Gottesbeweis. Da diese Beweisführung von den erfüllten Prophetien der Bibel ausgeht, ist dies ein Gottesbeweis, der in seinen Aussagen deutlich über naturgesetzliche Schlussfolgerungen hinausgeht. So vermag dieser Beweis den Gott der Bibel als den einzig existierenden auszuweisen, und er bestätigt die Bibel als Buch der Wahrheit.
Zweck eines Gottesbeweises
Ist es überhaupt nötig, einen Gottesbeweis zu konstruieren? Was ist dadurch gewonnen? Im so genannten christlichen Abendland wird die Bibel nur noch von einem kleinen Prozentsatz der Bevölkerung gelesen. Viele sind konfessionslos; der größte Teil davon ist atheistisch oder agnostisch und erfahrungsgemäß über die biblische Verkündigung kaum noch erreichbar. Ein Gottesbeweis könnte manchen davon überzeugen, als Atheist oder Agnostiker auf falschem Gleis zu fahren. Somit gäbe es einen gewichtigen Grund, sich mit der Bibel und dem Evangelium zu beschäftigen.
Widerlegbarkeit von Gottesbeweisen
Wir hatten generell zwischen harten und weichen Beweisen unterschieden. Dementsprechend gibt es auch harte und weiche Gottesbeweise. Damit ist auch eine scharfe Trennungslinie zwischen den beiden Arten der Gottesbeweise gezogen. Da es naturwissenschaftlich gesehen keine höhere Instanz als die Naturgesetze gibt, gibt es auch kein Kriterium, um solche Gottesbeweise zu Fall zu bringen. Es gibt noch einen weiteren Grund dafür, warum ein harter Gottesbeweis nicht widerlegt werden kann: Wenn der Existenzbeweis Gottes durch Naturgesetze bereits erbracht ist, wird man kein anderes Naturgesetz finden, das dieses Ergebnis widerlegen könnte, da es kein Naturgesetz gibt, das einem anderen widerspricht.
Zu den weichen Beweisen zählen wir all jene Gottesbeweise, die nicht auf Naturgesetzen basieren. Diese sind – auch wenn sie noch so plausibel formuliert sind – insofern risikobehaftet, als sie sich auf kein absolut feststehendes Fundament gründen. Wenn von Kant, dem Widerleger („Zerschmetterer“) der Gottesbeweise gesprochen wird, kann sich das nur auf weiche Beweise beziehen, die kein naturgesetzliches Fundament aufweisen. Es ist wesentlich, dabei zu beachten: Kant mag den einen oder anderen weichen Gottesbeweis kritisiert haben, wenn er aber nur philosophisch und nicht naturgesetzlich argumentiert, kann er nicht von Widerlegung („Zermalmung“) sprechen. Gottes Existenz kann niemand widerlegen, da sie bereits naturgesetzlich bewiesen ist. Da die Naturgesetze sich untereinander nicht widersprechen, ist die Widerlegung prinzipiell nicht mehr möglich.
Gottesbeweis und Rettung
Durch die Akzeptanz eines Gottesbeweises ist man noch nicht zum rettenden Glauben gekommen. Es bedarf noch der Offenbarung durch den Heiligen Geist, dass Jesus als der persönliche Retter in freier Entscheidung angenommen werden muss. Wenn auch Gottesbeweise nicht direkt zum Glauben führen, so sind sie dennoch geeignet, mancherlei Glaubenshindernisse aus dem Weg zu räumen. Der rettende Glaube ist von Jesus abhängig. An Hand zweier Zitate aus dem Neuen Testament sei dies belegt: „Wer den Sohn hat, der hat das (ewige) Leben; wer den Sohn Gottes nicht hat, der hat das (ewige) Leben nicht“ (1. Johannes 5,12). „Wer an ihn (= Jesus) glaubt, der wird nicht gerichtet; wer aber nicht glaubt, der ist schon gerichtet, denn er glaubt nicht an den Namen des eingeborenen Sohnes Gottes“ (Johannes 3,18).
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